Bei künstlich erzeugter Musik handelt es sich schon lange um kein Randphänomen mehr. Doch das neueste Projekt aus dieser Richtung hat für richtig Aufmerksamkeit gesorgt. Die Rede ist von „Breaking Rust“, dem ersten KI-Country-Sänger. Seine Songs werden nicht nur millionenfach gestreamt, sondern mischen sogar offizielle Charts auf. Gleichzeitig stellen sich viele Hörer jetzt die berechtigte Frage, wie man solche digitalen Künstler überhaupt einordnen kann und welche Auswirkungen sie auf die Musikbranche haben könnten.
Ein Country-Star ohne menschliche Stimme
Wer kein großer Fan des Country-Genres ist, der wird schnell einmal behaupten, dass viele Songs zumindest sehr ähnlich klingen. Bei einigen Künstlern lässt sich das auch schwer bis gar nicht abstreiten. Im Fall von Breaking Rust ist das sogar ein Teil des Erfolgsrezepts. Denn der Sänger ist kein echter Mensch.
Musik und Gesang von Breaking Rust sind bislang vollständig mithilfe der Künstlichen Intelligenz entstanden. Dieser Umstand hat dem Projekt aber keineswegs geschadet. Im Gegenteil: Mit dem Song „Walk My Walk“ hat es der KI-Sänger sogar an die Spitze der US Billboard-Charts in der Kategorie „Country Digital Song Sales“ geschafft.
Das war übrigens nicht sein erster Erfolg. Bereits mit dem Track „Livin’ On Borrowed Time“ erreichte Breaking Rust den fünften Platz in den Charts. Auf Spotify gibt es bereits mehr als 2 Millionen Hörer, die den KI-Country-Sänger regelmäßig einschalten.
Auch auf Instagram ist Breaking Rust aktiv. Seine Videos sind genauso KI-generiert wie seine Musik. Liest man sich die Kommentare durch, stellt sich schnell die Frage, ob nicht auch hier die KI ihre Finger im Spiel hat. Viele Kommentare wirken nämlich wie von Bots verfasst.
Kritik an fragwürdigen Chart-Erfolgen
Der Hype bleibt aber natürlich nicht ohne Gegenstimmen. Auf Reddit heißt es etwa: „Das Internet ist kaputt.“ Das mag ein Kommentar sein, der auf die Chart-Erfolge des KI-Künstlers anspielt. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass die Billboard-Kategorie „Country Digital Song Sales“ kaum noch Relevanz hätte und daher nicht unbedingt aussagekräftig sei.
In diesem Zusammenhang wird natürlich auch spekuliert, dass die Betreiber hinter Breaking Rust lediglich einige hundert US Dollar investiert haben könnten, um die Platzierung zu erkaufen, damit sie dann auch die mediale Aufmerksamkeit bekommen. So wird unter anderem auch gemutmaßt, dass iTunes-Käufe möglicherweise sogar automatisiert von einem AI-Tool ausgelöst worden sein könnten.
Ob diese Behauptungen stimmen oder nicht, spielt aktuell keine große Rolle. Sie zeigen aber, wie groß die Verunsicherung darüber ist, wie glaubwürdig solche Chart-Platzierungen am Ende noch sind, wenn KI-Systeme Musik erstellen, veröffentlichen und möglicherweise sogar dann auch noch selbst kaufen.
Dass die KI immer stärker in den Alltag eintaucht, ist nicht neu und auch keine Überraschung mehr. Es werden Bilder generiert, Texte erstellt und viele Prozesse in Unternehmen ausgelagert, die die KI übernimmt. Auch im Bereich Gaming und Online Glücksspiel ist die KI stark vertreten – hier schon seit Jahren. Wer sein Glück auf die Probe stellt und sich über Echtgeld Poker Gewinne freut, der hat womöglich schon in einem Online Casino gespielt, in dem die KI zum Einsatz kommt. Das ist auch nicht verwerflich. Schließlich versucht die KI im Online Casino auch das Spielverhalten zu analysieren und kreiert in weiterer Folge spezielle Boni für die Spieler.
Für die Musikbranche kann sich hier eine Grundsatzfrage entwickeln
Nicht nur Billboard stellt deshalb die Frage, wie man in Zukunft mit AI-Artists umgehen soll. Auch Streamingdienste wie Spotify, Apple Music und Amazon Music stehen vor einer gar nicht so einfach zu meisternden Herausforderung.
Denn Breaking Rust ist bei weitem nicht der erste virtuelle Künstler, der Erfolge feiert. Die KI-Musikerin Xania Monet hat ebenfalls die Charts gestürmt. Vor einigen Monaten sorgte „The Velvet Sundown“ für Aufsehen. Dabei handelt es sich um eine komplett KI-generierte Band, die es sogar in die viel gehörte und von Spotify kuratierte Playlist „Discover Weekly“ geschafft hat.
Die Musikbranche steht damit vor einer grundlegenden Debatte: Wie unterscheidet man menschliche Kunst von maschinell erzeugter Kunst? Welche Regeln sollen für Charts gelten, welche Streamingzahlen sollen Berücksichtigung finden und wie sieht das mit Playlists aus? Und wie viel Automatisierung ist am Ende akzeptabel, bevor das System endgültig seine Glaubwürdigkeit verliert?
Projekte wie Breaking Rust werden diese Diskussionen weiter antreiben und sie zeigen auch auf, wie schnell KI nicht nur neue Musikstile erschaffen, sondern auch etablierte Strukturen durcheinanderbringen kann.
Mehr Lesen: Egon Kowalski








